Der Winter der schwarzen Rosen (www.boox.bz) by Blazon Nina

Der Winter der schwarzen Rosen (www.boox.bz) by Blazon Nina

Autor:Blazon, Nina
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: cbt Verlag
veröffentlicht: 2015-10-06T16:00:00+00:00


Ich war aufgewachsen als eine blaublütige VanTorra, eingebettet in eine Ordnung, in der die Aufteilung zwischen oben und unten in Granit gefügt war. Wildländer hatte ich Menschen wie Mila genannt, Tajann nannte sie Barbaren und bei Hof und in der Stadt hießen sie nur Wilde oder Besiegte. Doch hier im Grauland war ich nun die Geächtete, die Barbarin von der anderen Seite. Ona bewahrte mich tatsächlich vor Fesseln und ich achtete darauf, geschwächter zu erscheinen, als ich war. Ständig wurde ich bewacht, meist von Kalima. Schweigen senkte sich über Gruppen, sobald ich in der Nähe war. Alles, was ich tat, schien neues Misstrauen hervorzurufen. »Warum kann das eine wie du?«, fragte Miina, als ich ein erlegtes Kaninchen geschickt und schnell häutete. »Ich dachte, ihr habt nur mit Seide und Samt zu tun, während eure Sklaven für euch die Arbeit machen?«

»Ich war eine Jägerstochter«, antwortete ich. Ich wusste, dass sie auf eine Geschichte warteten, also schuf ich eine und begann von unserer Verbannung in die Jagdhütte im Grenzland zu erzählen. Ich stellte meinen Vater als gefallenen Adeligen dar, der schuldlos bei der Lady in Ungnade fiel. Niemals nannte ich Tajanns Namen, ich sprach stets nur von Vater und Mila, und manchmal ließ ich meine Mutter wieder lebendig werden und schickte sie auf die Jagd, bis sie sogar in meiner Vorstellung an Tajanns Stelle trat. Auf eine Art war es heilsam, sich an eine Familie zu erinnern, die es so nie gegeben hatte. Ich glaubte schon fast selbst an meine Lüge, dass ich nach dem Tod meiner Familie geflohen war, um dem Felskerker zu entkommen. Aber so einfach war es nicht, Tajann auszulöschen, sie war da wie ein dunkler, tauber Fleck auf meiner Seele, der nicht heilen wollte. Vertrau mir, Mirahar. Ihre Worte waren wie Tropfen von kaltem Gift, das diesen Fleck nährte und wachsen ließ, jeden Tag ein wenig mehr.

»Und die Rose?«, fragte Miina. »Stammt sie vom Grab deiner Mutter? Hast du sie deshalb mitgenommen?«

»Vom Grab meiner Schwester«, murmelte ich. »Aber das ist lange her.«

Es war erstaunlich, wie leicht mir das Lügen fiel. So kannte ich mich nicht – aber die Liljann von früher war ebenfalls gestorben, auf eine Art, tief im Inneren.

Naveen tauchte nur selten beim Clan auf und wenn er mir begegnete, machte er einen Bogen um mich. Einige Male sah ich ihn, wie er mit Ona lachte und für sie flache Steine über den Seenspiegel tanzen ließ. Er wirkte wie verwandelt, aber sobald er mich entdeckte, verfinsterte sich seine Miene. Wenn ich die Clansleute vorsichtig nach ihm fragte, bekam ich nur spärliche Antworten. Er gehörte zu einem Clan von Pelzhändlern, hieß es. Den Sommer verbrachte er unter freiem Himmel in den Hirschwäldern. »Du willst doch immer alles über die Raubtiere in dieser Gegend wissen«, sagte Ona. »Sprich mit Naveen, der weiß am besten, wie man im Wald überlebt. Ich glaube, er mag dich. Er fragt mich nämlich immer nach dir aus.«

Aus einem anderen Grund, als du denkst, dachte ich im Stillen. Und wenn mich einer von euch nicht mag, dann er.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.